Land & Leute

Haselnüsse aus Oberbayern

5. November 2021
Haselnuesse_regional_haselnussplantage

Martin Stimmer betreibt mit seiner Familie den Schwaigerhof in Moosinning. Dort baut er seit fast 20 Jahren Haselnüsse an, auf einer der wenigen Haselnussplantagen Deutschlands. Wie es dazu kam und warum seine Hühner die besten Schädlingsbekämpfer sind, erzählt er mir bei meinem Besuch in seiner Plantage.

Es ist ein sonniger Morgen, als ich mich Ende September auf den Weg nach Moosinning mache. Während viele Bauern in der Gegend schon ihre Ernte eingefahren haben, hat die Erntesaison bei den Stimmers noch gar nicht begonnen. Durch den kalten Frühling hat sich der Erntebeginn leicht verzögert. Und so hat Martin Stimmer an diesem Tag Zeit, mir seine Geschichte zu erzählen.

Die Anfänge

Die Preise für viele landwirtschaftliche Erzeugnisse waren um die Jahrtausendwende an einem Tiefpunkt angelangt. Sie deckten oftmals nicht einmal die Kosten. Familie Stimmer machte sich damals große Sorgen um ihren landwirtschaftlichen Betrieb und ihre Existenz.

„Ich war auf der Suche nach Alternativen. Denn ich wollte weiter in der Landwirtschaft arbeiten und mit meiner Familie davon leben können. „

Martin Stimmer

So nahm er eines Tages an einer Veranstaltung teil, bei der neue Einkommensquellen für Landwirte vorgestellt wurden. Eine der vorgestellten Möglichkeiten war der Anbau von Haselnüssen. Gemeinsam mit ca. 70 weiteren Landwirten entschied sich Martin Stimmer daraufhin, es einfach auszuprobieren. Auch wenn ihn dies familienintern einige Überzeugungskraft kostete.

Im Frühjahr 2003 ging es dann endlich los. Die Familie pflanzt die ersten 4.000 Sträucher. Im Herbst folgen weitere 3.000. Ein immenser Kraftakt, den sie nur gemeinsam bewältigen können.

In den Folgejahren haben die Stimmers viel Arbeit in die Entwicklung und Pflege der Pflanzen gesteckt. Und so wurden die Sträucher im Laufe der Zeit zu Bäumchen erzogen. Denn nur so ist die Plantage heute mit Maschinen befahrbar. Eine unglaubliche Arbeitsleistung, die lange Zeit neben dem Milchviehbetrieb erfolgte.

Wir haben jahrelang nur gearbeitet und investiert. Wir waren nicht sicher, ob unsere Arbeit überhaupt belohnt wird. Aber wir haben gehofft, dass wir mit den Nüssen eines Tages unsere Milchviehwirtschaft aufgeben können.

Martin Stimmer

Am Ende sollte es ganze 9 Jahre dauern, bis die Stimmers das erste Mal eine ertragreiche Nussernte einfahren konnten. Heute lebt die Familie ausschließlich von ihrer Haselnussplantage und hat die Milchwirtschaft schon vor 15 Jahren hinter sich gelassen.

Die Plantage

Auf der Plantage hat die Familie verschiedene Haselnusssorten kultiviert. Neben den 5 Hauptsorten, die sie 2003 angepflanzt haben, sind über die Jahre noch einige weitere dazugekommen. Sie alle haben unterschiedliche Blüte- und damit auch Reifezeitpunkte und sind in der Plantage vermischt gepflanzt worden. Die sehr frühen Sorten beginnen bereits ab Mitte Januar mit der Blüte. Danach folgen dann nach und nach die weiteren Sorten.

Durch den versetzten Blütezeitpunkt haben wir in der Plantage einen fünfmal längeren Zeitraum mit Blütenstaub. So bekommt auch die letzte Blüte garantiert Blütenstaub ab. Das sichert unseren Ertrag.

Martin Stimmer

Die mangelnde Bestäubung ist auch eine der Hauptursachen, warum Haselnusssträucher in Privatgärten oftmals nur gelegentlich Nüsse tragen. Denn die Hasel ist einhäusig, d.h. jeder Strauch hat männliche und weibliche Blüten. Diese können sich nicht gegenseitig befruchten, sondern benötigen einen passenden Partner in der Nähe. Für die Bestäubung sorgt dann in erster Linie der Wind. Bleibt dieser in der Blütezeit aus, werden keine Nüsse gebildet. Deshalb empfiehlt der Haselnussprofi immer mindestens 2 unterschiedliche Sträucher zu pflanzen.

Die männliche Blüten sind schon im Herbst zu sehen.

Auch bei Haselnussträuchern bleiben Schädlinge nicht aus. Ist in der Haselnuss ein kleines Loch zu sehen und klingt beim schütteln hohl, dann hat der Haselnussbohrer zugeschlagen. Er überwintert im Boden und krabbelt im Frühjahr ab April wieder raus. Das Weibchen bohrt mit ihrem langen Rüssel ein Loch in die heranwachsende Nuss und legt dort ein Ei ab. Die Nuss wächst weiter und bildet irgendwann ihren ölhaltigen Kern. Die Made des Haselnussbohrers ernährt sich dann von diesem Kern. Kurz bevor die Nuss reif ist, bohrt die Made ein Loch in die Nusswand und gräbt sich zur Überwinterung wieder in den Boden ein.

Um die Schäden durch den Haselnussbohrer gering zu halten, kommen deshalb im Frühjahr die Hühner der Familie Stimmer zum Einsatz. Sie bewegen sich frei in der Plantage und lassen sich die Haselnussbohrer schmecken.

Die Ernte

Die Erntemaschine im Einsatz – Bild: Familie Stimmer

Geerntet werden die Haselnüsse vom Boden und nicht vom Strauch. Durch die verschiedenen Reifezeitpunkte müssen die Stimmers oftmals ein bisschen warten, bis auch die späteren Sorten erntebereit sind. Die Erntezeit beginnt also, wenn der Großteil der Nüsse bereits auf den Boden gefallen ist, meist ab Mitte September. Die Nüsse werden dann zusammengekehrt und anschließend mit einer umgebauten Kehrmaschine aufgesammelt. Dabei werden sie bereits grob vorgereinigt. Der BR hat die Stimmers schon einmal bei der Ernte begleitet und in dieser Folge festgehalten.

Haselnussanbau in Deutschland

Obwohl der Haselnussstrauch (Corylus avellana) bei uns heimisch ist, gibt es bis heute nur wenige Landwirte die Haselnüsse anbauen. Der Großteil der Anbaufläche liegt dabei in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. Haselnüsse, die hierzulande im Handel landen, stammen in der Regel aus der Türkei und Italien. Die meisten Erzeuger in Deutschland vertreiben ihre Nüsse heute über Erzeugergemeinschaften. Der Marktanteil deutscher Haselnüsse beläuft sich jedoch nur im Promille-Bereich.

Martin Stimmer hat jedoch einen anderen Weg gewählt. Er vermarktet seine Haselnüsse im eigenen Online-Shop (unbeauftragte Werbung) und im Hofladen selbst. Neben erntefeuchten und getrockneten Haselnüssen, bietet er auch Brotaufstriche, Spirituosen, Nagetierfutter und vieles mehr aus seinen Haselnüssen an. Die Direktvermarktung hat es dem Landwirt ermöglicht, die Milchwirtschaft aufzugeben und heute von seinen Haselnüssen zu leben.

Gerade die erntefeuchten Haselnüsse (unbeauftragte Werbung) erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie werden zu Beginn der Saison an Feinschmecker in ganz Deutschland verkauft. Aber auch Wildtierauffangstationen zählen zu den Kunden der Stimmers. Denn frische Haselnüsse gibt es nicht überall zu kaufen. Dabei weckt der Geschmack der frischen Nüsse, knackig und süsslich, bei so manchem Kunden Kindheitserinnerungen. Und so erhalten die Stimmers immer mal wieder Dankesschreiben per Mail.

Auch der Familienhund liebt die frischen Haselnüsse.

Familie Stimmer bietet darüberhinaus auch getrocknete Haselnüsse an. Dabei legen sie Wert auf eine Trocknung mit niedrigen Temperaturen und hoher Luftleistung. Dieser Vorgang dauert bis zu 5 Tage. Damit haben ihre getrockneten Nüsse Rohkostqualität und sind noch keimfähig. Durch die schonende Trocknung haben auch Aflatoxine keine Chance. Das Pilzgift kann entstehen, wenn die Nüsse sehr heiß z.B. in der prallen Sonne getrocknet und nicht gut durchlüftet werden. Werden Haselnüsse zu warm getrocknet, verändert sich das Fett im Nusskern und die Nuss kann ranzig werden.

Möchtest du also zuhause Haselnüsse trocknen, geht das am besten in einem unbeheizten Raum unter 20 Grad. Dabei die Nüsse flach ausbreiten und immer mal wieder wenden. Dann kann die Feuchtigkeit langsam ausziehen und die Nüsse sind anschließend über mehrere Jahre haltbar.

Tipps und Tricks für den Haselnussstrauch im Garten

Auch in meinem Garten wächst ein Haselnussstrauch. Deshalb habe ich es mir nicht nehmen lassen, mir zum Schluss noch ein paar Tipps vom Haselnussprofi zu holen.

  1. Für Licht sorgen: In die Krone des Haselnussstrauches muss ausreichend Licht gelangen. Durch regelmäßigen Schnitt die Krone locker halten, dann hat der Strauch auch genug Licht um Blätter und Nüsse zu bilden.
  2. Im Frühjahr schneiden: am besten kurz bevor die Vegetation beginnt. Im Herbst geht die Pflanze in die Winterruhe. Die Abwehrmöglichkeit an den Wunden ist dann eingeschränkt und die Pflanze somit anfälliger für Pilzkrankheiten.
  3. Zaghaft zuschneiden: Wird in einem Jahr zuviel geschnitten, neigt der Hasel dazu viele Wassertriebe zu entwickeln
  4. Haselnüsse mögens mineralisch: Die Blattfarbe verrät Dir den Zustand deines Strauches. Sind die Blätter dunkelgrün, geht es der Pflanze gut. Hat der Strauch im Sommer gelbe Blätter und trägt kaum Nüsse, dann solltest du z.B. mit Mist düngen.

Falls Du jetzt auch Lust hast, regionale Haselnüsse zu genießen, dann schau doch mal im Onlineshop von Familie Stimmer vorbei!

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